21.6.2019
Fast bin ich „froh“ daß das Wetter ein bissl schlechter wird. Ich brauch ein bissl Entspannung ohne hohe Gipfel. So nutze ich den heutigen Tag für einen Ausflug nach Lienz. Es muß ja furchtbar gestürmt haben, ganze Berghänge sind „entwaldet“
und ich komm am wunderbaren Schleierfall vorbei, der immer auf der Strecke liegt, wenn man nach Kals rauffährt, aber ich ihn immer nur im Vorbeifahren bewundert habe
Ich will zwar in Lienz eher einkaufen und flanieren - ganz ohne Gehen wäre es aber doch ein verlorener Tag, v.a. nachdem es doch ganz gut aussieht vom Wetter her. Also wiederhole ich die Runde vom letzten Jahr - sie ist wirklich zu empfehlen, wenn man in Lienz ist: Der Weg zum „Dolomitenblick“. Das Auto schnell hingestellt oberhalb der Talstation Zettersfeld, an einem kleinen Bach entlang aufwärts kommt man bald in einen steilen Hohlweg
Schon hier auf halber Höhe hat man einen wirklich schönen Ausblick
obwohl der Platz hier ein trauriger ist. Hier steht ein Marterl als Erinnerung, daß sich ein 17-jähriges Mädchen gegen eine Vergewaltigung gewehrt hat und dabei ermordet wurde
Steil geht es hinauf, und es ist trotzdem warm und äußerst schwül. Als ich oben ankomme, kann ich mein T-shirt buchstäblich auswringen, es ist so naß, als wäre ich eine Stunde im Regen unterwegs gewesen.
Der Abstieg ist fast noch schöner, es geht sehr hübsch durch den Wald bergab, dann auf lockeren Forstwegen zurück an Gehöften vorbei
und dann hinunter
und zum Eiskaffee, flanieren und spazieren in Lienz, einfach, wie es heißt „Den lieben Gott einen guten Mann sein lassen“. Ich kann sogar draußen sitzen im Kaffee, ohne daß mich ein Schauer erwischt.
am 22.6.
bin ich im schönsten Tal von Osttirol, dem Dorfertal
Hier kann man mehr spazieren und wirklich Strecke wandern als bergsteigen. Ich habe wieder den Luxus direkt von meinem Zelt aus aufzubrechen, es geht den Kalser Bach entlang (aber vorher noch drüber)
Auch der Mitterlingbach macht einen hübschen Wasserfall, als er in die Daberklamm, die den Eingang zum Dorfertal bildet, stürzt.
Es geht durch einen Tunnel durch - das ist eigentlich der Fahrweg, aber der Wanderweg, der am Hang durch die Klamm führt, ist zur Zeit beschädigt und daher nicht begehbar
Licht gibt es keines, man muß sich hier mit Taschenlampe behelfen. Und der Tunnel ist gar nicht kurz! Am Ende kann ich zu der kleinen Aussichtsplattform zurückschauen, auch diese darf man leider nicht betreten
und dahinter öffnet sich das Dorfertal
Einfach schön. Herrlich grün, überall schießt Wasser aus den Schneeresten hoch oben am Berg über Almen ins Tal, wie hier bei der Bergeralm
Überhaupt - Almen. Eine Alm hinter der anderen, ich habe mir nicht gemerkt, wieviele bewirtschaftete Almen es hier gab, ich glaube 27. Eine davon ist hier. Zuerst das Bild genießen. Und dann gibt es wieder einmal ein Fehlersuchbild. Was passt nicht zu dieser Alm?
Dieses Tal hätte, so der Plan schon bald seit den 20er-Jahren, geflutet werden und die höchste Staumauer Österreichs ans Talende bei der Daberklamm gepflanzt werden sollen um mittels Rückstau elektrische Energie zu gewinnen, ähnlich wie auf der „anderen Seite“ die Mosertalsperre. Zu Verdanken ist es nicht nur dem allgemein gesteigerten Gefühl für Naturschönheit in den 80ern, sondern auch vor allem den Frauen von Kals, die einen ziemlichen Kampf geliefert haben, daß die Pläne endgültig fallengelassen wurden. Nun ist es sogar besonders geschützt, weil das Dorfertal ein Teil des Nationalparks Hohe Tauern ist.
Glückliches Österreich, das solche Naturschönheiten noch hat. Wenn man da das Wasser und die Almen ansieht - wie kann man da nicht glücklich sein über den Reichtum? Jeder Bach klarstes Trinkwasser..
Dahinter geht es durch einen abschließenden Lärchenwald
und ein Hochmoor - das Paulmoos
dann geht es in die steilere Blockschuttflur, wo es dann nahe des Sees noch ziemliche Mengen an Schnee gibt (bei der Rückkehr werde ich hier meine eigenen Abfahrspuren hinterlassen )
und auch auf dem See treiben Eisschollen/Schneereste. Dahinter sieht man schön, wie Eis und Schnee das Tal rundgehobelt haben
Ich mach Päuschen. Es beginnt etwas zu regnen, aber nicht schlimm. Regenpelerine hilft. Ich setz mich auf ein improvisiertes Bankerl, das hier aufgebaut wurde und genieße: Herrliche Luft, tolle Umgebung. Dann geht es wieder runter. Wie schon geschrieben: Riesige Blöcke, man kann sich die Kräfte vorstellen, die benötigt werden, um so eine wilde Gegend draus zu machen
An einer flacheren Stelle wird das Bacherl lieblich. Und ich habe das Gefühl, in Alaska zu sein - fehlen nur noch springende Lachse und Bären.
Beim runtergehen fallen mir noch seltsame Dinge auf - dieser Bach „verschwindet“ quasi in einer Bergzerreissung
und diese Schneebrücke macht sicher auch irgendwann im Sommer einmal „woooosh“, wenn sie der Bach endgültig mitnimmt
Einfach toll, das Dorfertal, wunderschön und dank „schlechteren“ Wetters wohl heute auch nicht so besucht.