Ein Supifant auf Wanderschaft

Himmelhoch steigend, zu Tode betrübt

am 28.6.2021, meinem Onkel Alex gewidmet

Ein krönender Abschluß sollte es werden, ein Dreitausender, das Tschadinhorn. Ich traue es mir heute zu, das Wetter ist noch einmal gut. Die Schönleitenspitze, die davor liegt, habe ich ja schon bestiegen.

Ich parke mein Auto wieder beim Bauern in Oberlesach - es gibt hier ein paar Parkplätze und man schmeißt seinen Obolus mittels eines Briefkuverts, das sich in einem „Nachtkastl“ befindet, in eine umfunktionierte Milchkanne.

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Der Weg ins Lesachtal hinein ist eher sanft, immer an einem Bach entlang. Hier steht „Brücke wegen Einsturz gesperrt“ - schaut aber ok aus

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und noch im schattigen Tal am Bach entlang

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und hier- ja hier geht mir auf: Es hätte eine weitere Brücke gebraucht, ich muß auf die andere Talseite - diese Brücke ist offenbar weggerissen.

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Ich komme zu einem.. naja, Brett, wirklich nur etwa 20cm breit, das über den tosenden Bach geht. Das benutze ich, aber ich weiß eines - zurück gehe ich nicht wieder da drüber!

Vorbei an den Lesachalmen geht es und dann geht der Steig steil hinauf

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durch wunderschöne alte Lärchenwälder mit mächtigen, ehrwürdigen, dunklen Lärchen

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Es ist einfach herrlich. Steile Serpentinen führen mich schon zu ersten grandiosen Ausblicken

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Beim „Abzweiger“ zur Schönleitenspitze brauche ich zwischen den mich neugierig beäugenden Schafen eine Pause, ich habe schon 1000 Höhenmeter und knapp 2,5h hinter mir - und noch 600 Höhenmeter vor mir. Rechts die Mörbetzspitzen - mein Ziel ist noch hinter der nächsten Anhöhe verborgen.

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Nach einer Stärkung packe ich diese auch noch und tauche in eine andere Welt ein - Hochgebirge, Schneeflecken, kaum noch Vegetation und vor mir mein Ziel

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Es wird mühsamer, der Schnee ist halbwegs gut zu begehen, aber auch schwer, weil er bereits wegschmilzt. Außerdem hängt sich die Höhe und Länge des Anstiegs schon ziemlich an, ich muß ein bissl bremsen

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und dann kommt noch ein recht steiler Gipfelaufbau, nicht ganz zum Klettern, aber man braucht doch ein bißchen Unterstützung der Hände, dann habe ich es geschafft

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Auch hier, auf 3000m brauche ich nur eine dünne Jacke und kann das Panorama lange genießen

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Die Länge des Aufstiegs steckt mir in den Knochen und ich bin direkt ein bissl zittrig - drum muß ich mich ganz fest vor allem auf den ersten, steilen Abstieg konzentrieren. Ich muß dabei immer an den Spruch von Hans Kammerlander denken: „Der Gipfel gehört dir erst, wenn du wieder unten bist, davor gehörst du ihm“

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Also vorsichtig. Über die Schneefelder, die inzwischen noch weiter aufgefirnt haben und sanft auslaufen, geht es schon lockerer dahin, dieses „Törl“ ist mir schon das erstemal aufgefallen, als ich hier vorbeikam

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Steil hinunter mit Blick in den Talschluß komme ich wieder zu Lesachalm -super war es, der schwierige Teil vorbei, denke ich,

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da werde ich noch Opfer einer Kuhattacke. Ich komme über den Weg hinunter, auf der anderen Seite der Forstraße grast eine kleine Kuhherde. Die sehen mich und kommen ungewöhnlicherweise neugierig näher. Einmal keine geschreckten Kühe? Als ich unten bin, blockieren sie bereits die gesamte Forstraße - ich muß also quer durch. Ich wähle die Seite, wo die (mich neugierig beäugenden) Kälber nicht sind und gehe in Richtung Mutterkühe. Und wahrscheinlich mache ich da den Fehler: Ich halte der Kuh die Hand hin. Normalerweise schnofeln die und schlecken dann das Salz ab, aber Kühe sehen ja genau vor sich nichts - und meine für sie zu schnelle Bewegung, so nehme ich an, erschreckt sie, sodaß sie mir einen Deuter auf Hüfthöhe gibt. Ich knalle auf die Forstraße und blute. Während ich so vor mich hinschimpfe und den Dreck aus den Wunden rausspüle, kommt eines von den Kälbern zu mir und schnüffelt neugierig an Wasser und blutender Hand. Blöde Viecher.

Na gut, ich geh weiter, diesmal oben auf der Forstraße, sehr gemütlich, mit wirklich bestechend grünen Bergweiden, die bald die Qualität eines Hobbit-Auenlandes haben

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und dann an dieser kleinen Kapelle beim Rubisol vorbei. Doch dieses Bild einer Kapelle

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mag gleich dem Gedenken an meinen Onkel dienen. Als ich nämlich so, wirklich beglückt, zurückkomme und meine Erlebnisse gerade begeistert in eine Email verpackt habe, erreicht mich die traurigste SMS, die ich je bekommen habe. Mein Onkel, der für mich, da er nur 12 Jahre älter war, nie „Onkel“ war, sondern mein großer Bruder, ist am Vormittag, gerade als ich mich zum Gipfelsturm vorbereitet habe, verstorben.

Ich weine, während ich mit meinem Papa telefoniere so viel, daß in dem kleinen Aufenthaltsraum am Campingplatz eine fremde Holländerin herkommt und mich spontan einfach drückt, in den Arm nimmt und mich tröstet. Ich hab selten den Trost so dringend gebraucht.

Alex, du fehlst mir.

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